Sind inkonsistente Wahrscheinlichkeitsurteile adaptiv?

Frank A. Drews

Institut fuer Psychologie, Technische Universitaet Berlin
Franklinstr. 5-7, 10587 Berlin
E-Mail: fdrews@psych.gp.tu-berlin.de

Befunde zur Schaetzung subjektiver Wahrscheinlichkeit zeigen, dass Personen bei der Beurteilung sich gegenseitig ausschliessender und erschoepfender Hypothesen Urteile abgeben, deren Summe groesser als der Referenzpunkt 1.0 ist (positive Non-Additivitaet). Eine Annahme ist, dass kognitive Anforderung in Verbindung mit einer Ueberschaetzung der fokalen Hypothese (jeweils zu beurteilende Hypothese) zu positiver Non-Additivitaet fuehrt. Wie andere Aufgaben variieren auch Wahrscheinlichkeitsurteile in ihrem kognitiven Anforderungsgrad. Beschraenkte Verarbeitungskapazitaet in Verbindung mit hoher kognitiver Anforderung kann zu Summen von Wahrscheinlichkeiten fuehren, die ungleich 1.0 sind. Positive Non-Additivitaet uebersteigt den Wert von 1.0, sie ist gerichtet. Eine einfache Erklaerung fuer diese Gerichtetheit der Abweichungen stellt die Annahme einer Ueberschaetzung der Wahrscheinlichkeit der fokalen Hypothese dar (Ayton, 1997). Bisherige Untersuchungen belegen einen linearen Zusammenhang zwischen der Hoehe kognitiver Anforderung (Hypothesenzahl; Komplexitaet des Problems) und positiver Non-Additivitaet (Drews, 1997, 1998). Offen dagegen ist, wie Versuchspersonen bei einer unmittelbaren Veraenderung der Anforderung (Erhoehung/Verringerung) urteilen. Dieser Frage wurde nachgegangen. Versuchspersonen beurteilten mehrfach sich einander ausschliessende und erschoepfende Hypothesen nach wiederholter Praesentation von hypothesenrelevanter Information. Kognitive Anforderung wurde durch eine Erhoehung bzw. Verringerung der Hypothesenzahl manipuliert. Die Variation kognitiver Anforderung hatte einen direkten Einfluss auf die Summe der Wahrscheinlichkeiten. Ihre Erhoehung fuehrte zu positiver Non-Additivitaet, ihre Verringerung zu Additivitaet in den Urteilen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen erneut die Bedeutung kognitiver Anforderung bei der Beurteilung subjektiver Wahrscheinlichkeit. Variable kognitive Anforderung und beschraenkte Verarbeitungskapazitaet fuehren zur inkonsisten Verwendung des Referenzpunkts der Urteile. Der adaptive Charakter des kontingenten Referenzpunktwechsels wird diskutiert.

Referat in der Gruppe Denken und Problemlösen II, Dienstag, 30. März 1999, 16:00, HS 20

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