Woran erkennt man Lügen? Glaubwürdigkeitsbeurteilung im Alltag

M.-A. Reinhard & S. L. Sporer

Fachbereich Psychologie, Universität Gießen
Otto-Behaghel-Str. 10F 35394 Gießen
E-Mail: Marc.A.Reinhard@psychol.uni-giessen.de

Verschiedene Fragebogenstudien konnten zeigen, daß Personen glauben, daß Lügen inhaltlich besonders durch eine Beeinträchtigung der Logik, Stimmigkeit, Plausibilität sowie durch Widersprüche in der Darstellung gekennzeichnet sind. Darüberhinaus verwenden Urteiler häufig auch Informationen über die Quelle und den Kommunikationskontext. Ziel unseres Experiments war es, der Frage nachzugehen, unter welchen Bedingungen Personen bei ihrem Glaubwürdigkeitsurteil eher auf inhaltliche Informationen bzw. auf Quelleninformationen zurückgreifen.
68 Studentinnen der Universität Gießen nahmen an einem 2 (Motivation: hoch vs. niedrig) x 2 (Quelle: allgemein glaubwürdig vs. allgemein nicht glaubwürdig) faktoriellen Versuchsplan teil. Sie erhielten Informationen über eine geplatzte Verabredung und die darauffolgende Erklärung der nicht erschienenen Person. Als Quelle der Erklärung wurde entweder eine allgemein glaubwürdige oder unglaubwürdige Person genannt. Darüberhinaus wurde den Vpn entweder mitgeteilt, daß ihr Urteil sehr wichtig (hohe Motivation der Urteiler) oder weniger wichtig (niedrige Motivation der Urteiler) sei. Im Anschluß daran gaben sie ihre Urteile über die Glaubwürdigkeit der Erklärung auf einer Skala von -4 (unglaubwürdig) bis +4 (glaubwürdig) ab.
DieErgebnisse zeigten entgegen der erwarteten Interaktion von Motivation und allgemeiner Glaubwürdigkeit der Quelle nur einen Haupteffekt der allgemeinen Glaubwürdigkeit der Quelle. Unabhängig von ihrer Motivation hielten die Vpn die Erklärung für weniger unglaubwürdig, wenn diese von einer allgemein glaubwürdigen Quelle (M = -.85) als wenn sie von einer allgemein unglaubwürdigen Quelle stammte (M =-1.79). Darüberhinaus zeigte eine Analyse der Gedanken der Urteiler, daß sich Personen unter hoher Motivation mehr Gedanken über den Inhalt der Erklärung gemacht hatten als Personen unter niedriger Motivation.
Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund eines allgemeinen Modells der Informationsverarbeitung, dem „Heuristic Systematic Model“ von Chaiken (1987) diskutiert.

Referat in der Gruppe Soziale Kognition: Meinung und Einstellung II, Mittwoch, 31. März 1999, 14:30, HS 18

Zur Programmübersicht

Zur Liste der Postergruppen, Referategruppen und Symposien

Zurück zur Teap '99-Homepage