Repraesentation komplexer Ereignissequenzen

Dirk Strauch & Elke van der Meer

Institut für Psychologie, Humboldt-Universitaet,
Oranienburger Str. 18, 10178 Berlin
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Die mentale Repraesentation von Ereignisfolgen wird in der aktuellen Literatur auf unterschiedliche Weise erklaert. Friedman (1990) schlaegt beispielsweise vor, dass sie propositional im LZG gespeichert sind und sequentiell aktiviert werden. Mit zunehmender Distanz zwischen mental repraesentierten Ereignissen benoetigt die Aktivationsausbreitung mehr Zeit, gleichzeitig verringert sich die Aktivierungsstaerke. Anderson (1983, 1996) geht hingegen von sog. Zeitstrings aus. Falls Ereignisfolgen als time strings bzw. linear order codes repraesentiert sind, muessten Ende und Anfang einer Ereignisfolge leichter zugaenglich sein als die Mitglieder. Dies korrespondiert mit dem Time-Tagging Model von Treisman (1963).
Zur Ueberpruefung dieser divergierenden Annahmen sind wir folgendermassen vorgegangen: Wir verwendeten 4-gliedrige typische, abgeschlossene Ereignissequenzen, wie EINSCHLAFEN-TRAEUMEN-AUFWACHEN-AUFSTEHEN. Das jeweils erste Glied dieser Kette (EINSCHLAFEN) wurde als cue für 200 ms dargeboten. Nach einem ISI von 0 ms oder 1000 ms folgte das zweite, dritte oder vierte Glied der Sequenz bzw. ein Distraktor (WEBEN). Die Probanden hatten so schnell wie moeglich zu entscheiden, ob ein sinnvollen Zusammenhang zwischen den beiden Elementen besteht oder nicht (z.B. EINSCHLAFEN-AUFWACHEN oder EINSCHLAFEN-WEBEN). Das gesamte Itemmaterial (90) wurde 5x dargeboten.
Nach der ersten Darbietung (Block 1) konnte ein signifikanter Abstandseffekt nachgewiesen werden. Mit zunehmender zeitlicher Distanz der Ereignisse in der Sequenz stiegen die Zeiten zur Akzeptierung eines sinnvollen Zusammenhang an (vgl. Friedman, 1990). In Block 2 verschwand dieser Effekt. Im dritten Block zeigte sich ein qualitativ veraenderter Zusammenhang: End- und Anfangsglieder der Ereignissequenz waren schneller zugaenglich als die Mittelglieder.
Diese Veraenderung der Verfuegbarkeit von typischen, abgeschlossenen Ereignissequenzen spricht für die lernabhaengige Ausbildung flexibler Repraesentationsformen ereignisbestimmten Wissens.

Referat in der Gruppe Verarbeitung und Repräsentation zeitlicher Information, Mittwoch, 31. März 1999, 15:00, HS 16

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