Präoperatives Befinden wird als Einflußfaktor des perioperativen Verlaufs diskutiert. Die vorliegenden Untersuchung ging der Frage nach, ob sich Frauen und Männer unterschiedlichen Alters in der emotionalen Auslenkung und im Verlauf des emotionalen Befindens bei einer bevorstehenden Operation unterscheiden.
Untersucht wurden 132 Patienten im Alter von 20-79 Jahren vor elektiven Operationen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Die Stichprobe wurde nach einem 4*2-faktoriellen Versuchsplan nach Alter und Geschlecht geschichtet. Zur Messung des präoperativen und postoperativen Befindlichkeit wurden Selbstbeurteilungsverfahren (BSKE(EWL), STAI-X1) zweifach vor der Operation und ein, drei, 14 und 28 Tage postoperativ eingesetzt. Zur Beurteilung der emotionalen Auslenkbarkeit wurden die Angaben 28 Tage postoperativ als "Basalwerte" zugrunde gelegt.
Es zeigte sich für Frauen eine stärkere Auslenkbarkeit im Bereich der positiven Befindlichkeit sowie bei der negativen Emotion Angst. Für alte und junge Menschen fanden sich keine Unterschiede. Im Verlauf waren präoperativ gefundene Geschlechtseffekte postoperativ weniger ausgeprägt. Präoperativ und einen Tag postoperativ fanden sich keine Alterseffekte in der Befindlichkeit. Drei und 14 Tage postoperativ gaben die Älteren (65-79 Jahre) geringere positive Befindlichkeit an. 28 Tage nach der Operation fanden sich diese Effekte nicht mehr.
Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen in der Klinik, daß Frauen durch eine bevorstehende Operation stärker emotional ausgelenkt werden als Männer. Frauen stellen somit eine Risikogruppe für hohe präoperative Angst dar. Es zeigt sich weiter, daß alte Menschen länger brauchen, um ihre emotionale Normallage nach Auslenkung durch die Operation wieder zu erreichen. Damit lassen sich laborexperimentelle Befunde zur emotionalen Reaktivität im Alter im klinischen Alltag replizieren.
Referat in der Gruppe Emotion, Dienstag, 30. März 1999, 18:30, HS 22
