Deskriptive Entscheidungstheorien wie die Theorie der Probabilistischen Mentalen Modelle (PMM-Theorie; Gigerenzer, Hoffrage & Kleinbölting, 1991) machen spezifische Aussagen über die Integration von Cue-Informationen in probabilistischen Inferenzen. Die PMM-Theorie behauptet eine Verwendung der "Take The Best"-Strategie (TTB), nach der nur die wichtigste diagnostische Cue-Information eine Entscheidung determiniert. Zur Prüfung derartiger Theorien ist es notwendig, individuelles Entscheidungsverhalten klassifizieren zu können. In der deskriptiven Entscheidungsforschung existieren zwei methodische Zugänge zu diesem Problem: Im "Structural Modeling"-Ansatz werden Urteile durch Regressionsgleichungen modelliert, und eine Klassifikation des Entscheidungsverhaltens erfolgt durch Inspektion der Regressionsgewichte. Demgegenüber werden im "Process Tracing"-Paradigma Daten über die Informationsaufnahme zu Statistiken aggregiert, die für kompensatorische vs. nichtkompensatorische Entscheidungsstrategien indikativ sein sollen. Neben konfligierenden Befunden und der Frage nach der Validität der verwendeten Indikatoren sowie weiteren Problemen, die diskutiert werden, liegt beiden Methoden ein induktivistischer Zugang zugrunde, der ihre Tauglichkeit zur Theorieprüfung fraglich erscheinen läßt. Demgegenüber wird hier ein deduktivistischer Zugang vorgeschlagen, in dem aus bestimmten Entscheidungsregeln unter definierten Bedingungen Vorhersagen über die Struktur von Regressionsgewichten abgeleitet werden, die durch adäquate Modellrestriktionen statistisch geprüft werden können. Die berichtete Simulationsstudie sowie ein Validierungsexperiment unterstreichen die Validität der Methode. In einem Cue-Learning-Experiment zeigte sich, daß für 11 von 40 Vpn die Hypothese der Anwendung einer nicht-deterministisch formulierten TTB-Strategie nicht verworfen werden konnte. Bei keiner der Vpn war das Entscheidungsverhalten kompatibel mit der Annahme einer einfachen Gleichgewichtungsstrategie ("Dawes' Rule").
Referat in der Gruppe Denken und Problemlösen II, Dienstag, 30. März 1999, 17:00, HS 20
