Der haptische Oblique-Effekt - ein modalitätsspezifisches Phänomen?

Annekatrin Klopp

Graduiertenkolleg Kognitionswissenschaft Universität Hamburg
Vogt-Kölln-Str. 30, 22527 Hamburg
E-Mail: klopp@informatik.uni-hamburg.de

Die Wahrnehmung orientierter Stimuli ist oft verzerrt, d.h. die Wahrnehmungsleistungen bei ansonsten identischen Stimuli unterscheiden sich bei der Präsentation in unterschiedlichen Orientierungen. Hierbei ist die Leistung in der Horizontalen und Vertikalen besser als in den schrägen (obliquen) Orientierungen. Dieser Effekt ist im visuellen System schon länger bekannt; er wird Oblique-Effekt genannt (Appelle 1972). Es werden zwei Arten des Oblique-Effekts unterschieden (Essock 1980): der "class-1-effect" (physiologische bzw. anatomische Ursachen) und der "class-2-effect" (kognitive Kodierungs- bzw. Gedächtnisanisotropie). Der Oblique-Effekt (class-2) konnte bis jetzt im haptischen System nicht eindeutig nachgewiesen werden. Hier wurden die Faktoren untersucht, die für die unterschiedlichen experimentellen Befunde verantwortlich sein könnten, um in einem späteren Schritt die Frage nach einer möglichen gemeinsamen Ursache des visuellen und haptischen "class-2" Oblique-Effektes beantworten zu können.
Die Vpn sollten mit verbundenen Augen die Orientierung eines zuvor ertasteten Balken reproduzieren. Der Balken war auf einer Scheibe fixiert, die frei-drehbar auf einer Platte montiert war, welche horizontal oder frontoparallel ausgerichtet werden konnte. Jede Vp mußte unter jeder Plattenebenen-Bedingung (H/F), mit jeder Hand (R/L), unter vier Maskierungsbedingungen zwölf verschiedene Orientierungen des Balkens bearbeiten.
Es zeigte sich in beiden Ebenen (horizontal/frontoparallel) ein signifikanter Oblique-Effekt. Außerdem zeigte sich eine Interaktion von Ebene und Hand (Gravitationseinfluß?), ein Maskierungseffekt (motorischer Effekt?) und ein Hand-Effekt (rechts besser als links). Es läßt sich also ein haptischer Oblique-Effekt nachweisen, der sich nicht allein aus Gravitationseinflüssen erklären läßt (im Gegensatzt zu Gentaz ´96, ´98), da die Gravitationseinflüsse in der Horizontalen beim Tasten der Schrägen und den anderen Orientirungen nahezu gleich sind.

Referat in der Gruppe Wahrnehmung und Psychophysik, Dienstag, 30. März 1999, 14:00, HS 21

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